Almut Gäbel (86) hat die SRG-Mitgliedsnummer 18. Kaum jemand ist länger Mitglied in der Schweriner RG. Und kaum jemand hat so viel gerudert wie Almut. Zum Interview in der Reihe „Unsere Champions“ hat sie alle wichtigen Unterlagen mitgebracht: Ruderpass, Fahrtenhefte, Urkunden, Statistiken. Und dann hat sie erzählt vom weltweiten Rudern, von besonderen Meisterschaften und warum Rudern Leben verlängern kann.

1955. Die allererste Fahrt im Ruderboot. Wie war die? 

Als wir uns hier erkundigt haben, ob wir hier mal rudern können, hieß es: Ja, bringt mal mindestens vier aus eurer Klasse mit, und dann können wir euch ausbilden. Und dann sind wir hier bei Dynamo ausgebildet worden und haben mit Rosemarie Leithoff auch die erste Wanderfahrt zur Insel Lieps gemacht.

Wie alt warst Du? 

Wir haben mit 17 Jahren angefangen.

Relativ spät…

Das war so eigentlich üblich.

Seit 1955 hat sich der Rudersport erheblich verändert. Nach der Wende die Umstellung der Handhaltung bei den Skulls. Rechts vor links statt links vor rechts. Und dann in Schwerin: Unser schickes neues Bootshaus – aber kein Ruderkasten mehr. Was war schlimmer? 

Also links vor rechts haben wir gelernt, dann musste ich umlernen, auf rechts vor links. Und dann hatte ich in meiner Vierer-Mannschaft alle drei, die auch links-rechts gelernt haben und nicht umgestellt haben. Also musste ich wieder auf links vor rechts umstellen – und heute ist es für mich kein Problem mehr. Ich kann mich auf beide Seiten gut einstellen.
Der Ruderkasten fehlt, das ist schon gerade so für die Ausbildung ein großer Mangel. Ich habe ja dann bei der TU Dresden vier Jahre als Student mitgerudert. Und die hatten draußen im Freien eine Möglichkeit, wo ein einzelner Ruderplatz war. Aber du konntest eben einen Auszubildenden reinsetzen.

Dieser erste Rudertag irgendwann 1955. Wenn’s diesen Tag nicht gegeben hätte…

Ich habe schon so oft gesagt: wenn ich nicht zum Rudern gekommen wäre zu der Zeit, dann würde ich heute schon nicht mehr leben. Ja! Wir haben jedes Jahr eine Trainingsverpfllichtung abgeschlossen, wo dann unter anderem drinstand: ‚Nicht rauchen!‘ Ein wesentlicher Faktor. Das Rauchen wäre für mich tödlich gewesen, weil ich schon seit der Kindheit Probleme mit den Bronchen habe.
Und wenn ich mir das überlege: Wenn ich nicht diese Verpflichtung abgeschlossen hätte, vielleicht angefangen hätte zu rauchen, dann würde ich heute nicht mehr leben.

Und dann kommt auch noch der Spaß am Rudern an sich dazu, oder?

Na klar! Und vor allem, was ich mit dem Rudern alles erlebt habe.  Um die Welt gekommen – und so viele Menschen kennen gelernt.

Was war so dein internationales Ruder-Erlebnis schlechthin? 

Wo fange ich da an? Was immer noch sehr angenehm in meinem Kopf drin ist, ist Kanada. Da war in Montreal die Masters Regatta, wo wir teilgenommen haben. Und im Anschluss hatte ich eine Einladung von einem kanadischen Ehepaar, die eigentlich Schweizer sind, zu einer Wanderfahrt. Ich sollte nur noch die Leute organisieren, die das mitmachen. Und dann waren wir zehn Aktive. Einen Bootshänger an einen Kleinbus angehängt, wir in den Kleinbus rein – und dann sind wir von Vancouver losgefahren, durch die Rocky Mountains. 3000 Kilometer. Wir haben Station gemacht an wunderschönen Seen, klares Wasser, landschaftlich wunderschön. Und dann haben wir tageweise eine Tour gemacht, sind wieder weitergefahren zum nächsten See. Und so haben wir eine wunderschöne Wanderfahrt gemacht.

Wie viele Wanderfahrten hast du gemacht?

Ich kann sagen, wie viele Fahrten ich so durchschnittlich im Jahr mache. In den Corona-Jahren waren das nur sieben, acht oder zehn Fahrten im Jahr. Aber normalerweise waren es in der Regel um die 17 bis 20, manchmal 28 Wanderfahrten im Jahr.

Es gibt viele beeindruckende Zahlen in Deiner persönlichen Ruderbilanz. Die beeindruckendste Zahl ist die 80.161. So viele Ruderkilometer! Dafür gabs 2022 zum zweiten Mal den Äquatorpreis. Man fragt sich unwillkürlich: hier ist so oft Wind, auch noch aus der falschen Richtung im Ruderrevier in Schwerin. Wann ist es so, dass du nicht mehr aufs Wasser gehst? 

Ich bin eigentlich immer eine von den ersten, die sagen: ‚Nein, es ist zu windig‘. Ich bin ja in diesem Jahr in Schwerin einmal bisher nur auf dem Wasser gewesen. Ich habe 200 und ein paar Kilometer hauptsächlich in Berlin gemacht, weil ich dann eine ganze Ruderwoche über sieben Tage mitgemacht habe. Und bei den Berlinern ist es üblich, wenn die aufs Wasser gehen, werden mindestens 30 Kilometer gerudert. Und an einem Tag hatten wir sogar 49 Kilometer. Das war im März.

Die Liste Deiner Erfolge und verdienstvollen Tätigkeiten für den Rudersport in Deutschland ist lang. 
Masters-Erfolge, World Masters, Deutsche Meister, Europa-Meister. Welche ist die wichtigste Medaille? Welches war das wichtigste Rennen deines Lebens? 

Das wichtigste – wüsste ich nicht. Wenn ich nach Rennerfolgen gefragt werde, dann habe ich die sechs Deutschen Meister der DDR im Kopf, die wir 1961, 1962 und 1963 errungen haben unter der TU Dresden.
Wir hatten Horst Werner, der später mal die Nationalmannschaft Frauen der DDR trainiert hat, als Trainer. Und der hat mit uns schon zu der Zeit auf dem Wasser Filmchen gemacht und ausgewertet und gesagt ‚das musst du noch ändern, und das musst du noch ändern‘. Das war schon zu der Zeit irgendwie was Besonderes. Und er hat uns auch das effektive Rudern beigebracht, also das Stilrudern. Deswegen wurden wir ja im Stilrudern dreimal Deutscher Meister in der DDR. Weil wir so eine gute Ausbildung hatten. Beim Stilrudern musst du erst mal die ideale Technik anwenden. Du musst kräftig rudern können und das muss eine Mannschaft sein; in der Mannschaft muss alles übereinstimmen, und das hat er mit uns immer hingekriegt.

Stilrudern… 

Ja. Wir haben drei Strecken von 300 Metern stilistisch sauber gerudert und mittig zehn Ruderschläge wettkampfmäßig absolvieren müssen. Und wir haben eben auch zur gleichen Zeit im Leichtgewichts-Doppelvierer mit der gleichen Mannschaft den deutschen Meister gemacht und den Leichtgewichts-Doppelzweier auch. Also es hat sich gelohnt, Stilrudern richtig zu erlernen. Auch als ich umlernen musste, was die Technik anging. Wir hatten ja immer noch Anriss gemacht. Das war ja ziemlich schnell nachher: lang die Arme, die Arme als Letztes einsetzen. Und das konnte man alles auch mit der erlernten Technik trotzdem umlernen, weil das wahrscheinlich auch im Kopf irgendwie klar war.

Zeit für eine Schnellfragerunde: Riemen oder Skull? 

Beides. Es hat beides so seine schönen Seiten. Wenn Du im Rennachter sitzt und das flutscht: Das hat einen Spaß gemacht! Aber ein Skull-Doppelvierer mit meinen Mädchen aus Berlin, die so 15 bis 20 Jahre jünger waren als ich, das hat auch Spaß gemacht. Also, ich möchte nichts missen. Und ich bin auch stolz, dass ich in Australien bei der World Masters Regatta im Einer meinen ersten Sieg errungen habe.

Nächste Frage: Kaninchenwerder oder Lieps? 

Kommt aufs Wetter an.

Backbord oder Steuerbord?

Ich bin meistens auf Backbord gewesen.

Rudern oder nicht? 

Rudern!

Wir reden ja aus Anlass des Jubiläums 150 Jahre Schweriner Rudergesellschaft. Was wünschst du deinem Ruderverein? 

Dass er weiter möglichst viel für die einzelnen unterschiedlichen Interessen der Mitglieder zustande bringt, dass sich alle wohlfühlen können.

Wie viele Kilometer fehlen noch bis zum dritten Äquatorpreis?

Weiß ich nicht. Will ich auch nicht machen. Nein. Ich bin jetzt gerade bei 82.000 oder so. Da müsste ich ja noch….

… nur noch 38.000 Kilometer! Da treffen wir uns nächsten Jahr und feiern! 

Nein, nein. So verbissen habe ich das nie gesehen. Ich versuche dieses Jahr noch, den Fahrtenwettbewerb zu erfüllen. Das wäre dann das 47. Mal.

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Almut Gäbel (86) hat die SRG-Mitgliedsnummer 18. Kaum jemand ist länger Mitglied in der Schweriner RG. Und kaum jemand hat so viel gerudert wie Almut. Zum Interview in der Reihe „Unsere Champions“ hat sie alle wichtigen Unterlagen mitgebracht: Ruderpass, Fahrtenhefte, Urkunden, Statistiken. Und dann hat sie erzählt vom weltweiten Rudern, von besonderen Meisterschaften und warum Rudern Leben verlängern kann.

1955. Die allererste Fahrt im Ruderboot. Wie war die? 

Als wir uns hier erkundigt haben, ob wir hier mal rudern können, hieß es: Ja, bringt mal mindestens vier aus eurer Klasse mit, und dann können wir euch ausbilden. Und dann sind wir hier bei Dynamo ausgebildet worden und haben mit Rosemarie Leithoff auch die erste Wanderfahrt zur Insel Lieps gemacht.

Wie alt warst Du? 

Wir haben mit 17 Jahren angefangen.

Relativ spät…

Das war so eigentlich üblich.

Seit 1955 hat sich der Rudersport erheblich verändert. Nach der Wende die Umstellung der Handhaltung bei den Skulls. Rechts vor links statt links vor rechts. Und dann in Schwerin: Unser schickes neues Bootshaus – aber kein Ruderkasten mehr. Was war schlimmer? 

Also links vor rechts haben wir gelernt, dann musste ich umlernen, auf rechts vor links. Und dann hatte ich in meiner Vierer-Mannschaft alle drei, die auch links-rechts gelernt haben und nicht umgestellt haben. Also musste ich wieder auf links vor rechts umstellen – und heute ist es für mich kein Problem mehr. Ich kann mich auf beide Seiten gut einstellen.
Der Ruderkasten fehlt, das ist schon gerade so für die Ausbildung ein großer Mangel. Ich habe ja dann bei der TU Dresden vier Jahre als Student mitgerudert. Und die hatten draußen im Freien eine Möglichkeit, wo ein einzelner Ruderplatz war. Aber du konntest eben einen Auszubildenden reinsetzen.

Dieser erste Rudertag irgendwann 1955. Wenn’s diesen Tag nicht gegeben hätte…

Ich habe schon so oft gesagt: wenn ich nicht zum Rudern gekommen wäre zu der Zeit, dann würde ich heute schon nicht mehr leben. Ja! Wir haben jedes Jahr eine Trainingsverpfllichtung abgeschlossen, wo dann unter anderem drinstand: ‚Nicht rauchen!‘ Ein wesentlicher Faktor. Das Rauchen wäre für mich tödlich gewesen, weil ich schon seit der Kindheit Probleme mit den Bronchen habe.
Und wenn ich mir das überlege: Wenn ich nicht diese Verpflichtung abgeschlossen hätte, vielleicht angefangen hätte zu rauchen, dann würde ich heute nicht mehr leben.

Und dann kommt auch noch der Spaß am Rudern an sich dazu, oder?

Na klar! Und vor allem, was ich mit dem Rudern alles erlebt habe.  Um die Welt gekommen – und so viele Menschen kennen gelernt.

Was war so dein internationales Ruder-Erlebnis schlechthin? 

Wo fange ich da an? Was immer noch sehr angenehm in meinem Kopf drin ist, ist Kanada. Da war in Montreal die Masters Regatta, wo wir teilgenommen haben. Und im Anschluss hatte ich eine Einladung von einem kanadischen Ehepaar, die eigentlich Schweizer sind, zu einer Wanderfahrt. Ich sollte nur noch die Leute organisieren, die das mitmachen. Und dann waren wir zehn Aktive. Einen Bootshänger an einen Kleinbus angehängt, wir in den Kleinbus rein – und dann sind wir von Vancouver losgefahren, durch die Rocky Mountains. 3000 Kilometer. Wir haben Station gemacht an wunderschönen Seen, klares Wasser, landschaftlich wunderschön. Und dann haben wir tageweise eine Tour gemacht, sind wieder weitergefahren zum nächsten See. Und so haben wir eine wunderschöne Wanderfahrt gemacht.

Wie viele Wanderfahrten hast du gemacht?

Ich kann sagen, wie viele Fahrten ich so durchschnittlich im Jahr mache. In den Corona-Jahren waren das nur sieben, acht oder zehn Fahrten im Jahr. Aber normalerweise waren es in der Regel um die 17 bis 20, manchmal 28 Wanderfahrten im Jahr.

Es gibt viele beeindruckende Zahlen in Deiner persönlichen Ruderbilanz. Die beeindruckendste Zahl ist die 80.161. So viele Ruderkilometer! Dafür gabs 2022 zum zweiten Mal den Äquatorpreis. Man fragt sich unwillkürlich: hier ist so oft Wind, auch noch aus der falschen Richtung im Ruderrevier in Schwerin. Wann ist es so, dass du nicht mehr aufs Wasser gehst? 

Ich bin eigentlich immer eine von den ersten, die sagen: ‚Nein, es ist zu windig‘. Ich bin ja in diesem Jahr in Schwerin einmal bisher nur auf dem Wasser gewesen. Ich habe 200 und ein paar Kilometer hauptsächlich in Berlin gemacht, weil ich dann eine ganze Ruderwoche über sieben Tage mitgemacht habe. Und bei den Berlinern ist es üblich, wenn die aufs Wasser gehen, werden mindestens 30 Kilometer gerudert. Und an einem Tag hatten wir sogar 49 Kilometer. Das war im März.

Die Liste Deiner Erfolge und verdienstvollen Tätigkeiten für den Rudersport in Deutschland ist lang. 
Masters-Erfolge, World Masters, Deutsche Meister, Europa-Meister. Welche ist die wichtigste Medaille? Welches war das wichtigste Rennen deines Lebens? 

Das wichtigste – wüsste ich nicht. Wenn ich nach Rennerfolgen gefragt werde, dann habe ich die sechs Deutschen Meister der DDR im Kopf, die wir 1961, 1962 und 1963 errungen haben unter der TU Dresden.
Wir hatten Horst Werner, der später mal die Nationalmannschaft Frauen der DDR trainiert hat, als Trainer. Und der hat mit uns schon zu der Zeit auf dem Wasser Filmchen gemacht und ausgewertet und gesagt ‚das musst du noch ändern, und das musst du noch ändern‘. Das war schon zu der Zeit irgendwie was Besonderes. Und er hat uns auch das effektive Rudern beigebracht, also das Stilrudern. Deswegen wurden wir ja im Stilrudern dreimal Deutscher Meister in der DDR. Weil wir so eine gute Ausbildung hatten. Beim Stilrudern musst du erst mal die ideale Technik anwenden. Du musst kräftig rudern können und das muss eine Mannschaft sein; in der Mannschaft muss alles übereinstimmen, und das hat er mit uns immer hingekriegt.

Stilrudern… 

Ja. Wir haben drei Strecken von 300 Metern stilistisch sauber gerudert und mittig zehn Ruderschläge wettkampfmäßig absolvieren müssen. Und wir haben eben auch zur gleichen Zeit im Leichtgewichts-Doppelvierer mit der gleichen Mannschaft den deutschen Meister gemacht und den Leichtgewichts-Doppelzweier auch. Also es hat sich gelohnt, Stilrudern richtig zu erlernen. Auch als ich umlernen musste, was die Technik anging. Wir hatten ja immer noch Anriss gemacht. Das war ja ziemlich schnell nachher: lang die Arme, die Arme als Letztes einsetzen. Und das konnte man alles auch mit der erlernten Technik trotzdem umlernen, weil das wahrscheinlich auch im Kopf irgendwie klar war.

Zeit für eine Schnellfragerunde: Riemen oder Skull? 

Beides. Es hat beides so seine schönen Seiten. Wenn Du im Rennachter sitzt und das flutscht: Das hat einen Spaß gemacht! Aber ein Skull-Doppelvierer mit meinen Mädchen aus Berlin, die so 15 bis 20 Jahre jünger waren als ich, das hat auch Spaß gemacht. Also, ich möchte nichts missen. Und ich bin auch stolz, dass ich in Australien bei der World Masters Regatta im Einer meinen ersten Sieg errungen habe.

Nächste Frage: Kaninchenwerder oder Lieps? 

Kommt aufs Wetter an.

Backbord oder Steuerbord?

Ich bin meistens auf Backbord gewesen.

Rudern oder nicht? 

Rudern!

Wir reden ja aus Anlass des Jubiläums 150 Jahre Schweriner Rudergesellschaft. Was wünschst du deinem Ruderverein? 

Dass er weiter möglichst viel für die einzelnen unterschiedlichen Interessen der Mitglieder zustande bringt, dass sich alle wohlfühlen können.

Wie viele Kilometer fehlen noch bis zum dritten Äquatorpreis?

Weiß ich nicht. Will ich auch nicht machen. Nein. Ich bin jetzt gerade bei 82.000 oder so. Da müsste ich ja noch….

… nur noch 38.000 Kilometer! Da treffen wir uns nächsten Jahr und feiern! 

Nein, nein. So verbissen habe ich das nie gesehen. Ich versuche dieses Jahr noch, den Fahrtenwettbewerb zu erfüllen. Das wäre dann das 47. Mal.

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