Die Geschichte der SRG

Rudern in Schwerin hat eine lange Tradition. Seit über 150 Jahren locken die Seen um die Landeshauptstadt zum Rudersport aufs Wasser. Die Schweriner Rudergesellschaft zählt zu den ältesten Rudervereinen in Deutschland und ist der größte Ruderverein in Mecklenburg-Vorpommern. In den Anfangsjahren stand der Wettkampfsport noch nicht im Vordergrund, aber das änderte sich schnell. Ein Blick in die Vereinsgeschichte.

Die Gründungsjahre

Gründungsmitglieder des RC § 11 um 1871

Gründungsmitglieder des Ruderclubs „§11“ um 1871, Foto: SRG

Am 10. November 1871 gründete der Zahnarzt Wilhelm Wiegels den Ruderclub „§11“, der vier Jahre später seinen Namen in Ruderclub Obotrit änderte. Innerhalb nur weniger Jahre wuchs die Zahl der aktiven Rudersportler und auch die der Vereine. So gründeten sich am 14. Juni 1874 der Ruderverein Schwerin auf „Initiative des Malermeisters Otto Kemmer und 10 anderer Herren“ und nur ein Jahr später, am 15. Mai 1875, der Ruderverein Vorwärts.

Auch in den darauffolgenden Jahren wuchs die Zahl der Rudervereine weiter an. Oft führten Unstimmigkeiten unter den Mitgliedern dazu, dass aus den vorhandenen Vereinen neue Gemeinschaften entstanden. Beinah naturgesetzlich trat dieser Fall immer dann ein, wenn in den etablierten Vereinen ein neues Boot angeschafft und ein altes dafür verkauft wurde. So resultierte die Veräußerung einer Zehnerdollen-Gig des RC Obotrit in der Gründung des Ruderclubs Neptun am 20. Mai 1882. Es folgte der Ruderclub Nelson, gegründet am 16. Februar 1884, und schließlich als sechster Verein der Ruderclub Poseidon im Jahr 1885. Doch bereits im Jahr der höchsten Vereinsdichte reduzierte sich der Bestand wieder. In den nachfolgenden Jahren schlossen sich der RC Nelson, der RC Neptun und der RC Poseidon den beiden Stammvereinen Ruderverein Schwerin und Ruderverein Vorwärts der heutigen Schweriner Rudergesellschaft an.

Geselligkeit stand in den Vereinen im Mittelpunkt

Alle Vereine lagerten ihre Boote an der so genannten „Bürgerressource“, einem Lokal in der Münzstraße, dessen Restaurationsgarten bis an den Beutel reichte. Die Boote waren damals eisenbeschlagene, schwere, eichene Dollen-Gigboote ohne Ausleger und Rollsitze, denn die Annalen sagen, dass entgegen den Bestimmungen auch des Öfteren ein Fass Bier und sogar „junge Damen an Bord gesichtet“ wurden. Auch mit der Ru­dertechnik nahm man es nicht so genau. Fuhr eine Mannschaft einen einigermaßen gleichen Schlag, war man schon zufrieden. Größter Wert wurde auf die genaueste Ausführung der Kommandos gelegt. So erfolgte der Gruß anderer Boote durch senkrechtes Hochheben der Bootsriemen.

Rudern als besonderes Erlebnis außerhalb des Alltags

Seit den 1860er Jahren verbreiteten sich in Deutschland zunehmend sportliche Aktivitäten, wenn auch der Ehrgeiz, sich im Wettkampf zu messen, zunächst nicht im Vordergrund stand. Der Sporthistoriker Rolf Blanke beschreibt die Vereinstätigkeit dieser Jahre wie folgt: „Die überwiegende Anzahl der Rudervereine pflegte das Wanderrudern, das gesellige Vereinsleben und kam auf diesem Wege zur Ausbildung von Bootsmannschaften.“ Erste Wettfahrten wurden vereinsintern bestritten. Die Rudervereinigungen bedienten vor allem das Bedürfnis nach besonderen Erlebnissen außerhalb des Alltags.

Auf das gesellschaftliche Element verwies auch der Vereinsname des ersten Schweriner Ruderclubs „§11“, des späteren RC Obotrit. Diese Bezeichnung, die aus dem bei Studentenverbindungen gebräuchlichen Bier-Comments entnommen worden war, bedeutete „Es wird fortgesoffen.“ und zeigte, dass das gesellige Beisammensein gleich hoch bemessen wurde. Es ist nicht verwunderlich, dass Gaststätten und Restaurants in den Vereinsgeschichten der verschiedenen Schweriner Rudergemeinschaften gewichtigen Platz einnehmen. Mit großem Aufwand wurden in der Wintersaison Stiftungsfeste und Maskenbälle veranstaltet.

Herzogliche Familie fördert den Rudersport

Wenngleich sich die Schweriner Rudervereine in geselliger Runde trafen, zeigte die Beharrlichkeit der verschiedenen Vereine den in Schwerin herrschenden Kastengeist. So gruppierten sich im RC Obotrit vor allem die Spitzen der bildungsbürgerlichen Stadtgesellschaft sowie höhere Beamte, während im RV Schwerin und im RV Vorwärts mittlere Beamte, Kaufleute und Handwerksmeister die Basis der Mitglieder bildeten. Ein Blick in andere Städte und deren Sportvereine zeigt jedoch, dass diese scheinbar typische Schweriner Art nichts Ungewöhnliches darstellte.

Förderlich für den Anstieg der Mitgliederzahlen aller Schweriner Rudervereine war das Interesse und Engagement der Großherzöge am Rudersport. Ruderpreise wie die „Greifennadel“ oder die im Auftrag des fürstlichen Sportsmanns gestifteten Pokale von den Bildhauern Hugo Berwald und Wilhelm Wandschneider zeugen bis heute davon. In besonderer Weise trat Friedrich Franz III. hervor. Er selbst ruderte in seinem Einer „Bravo“ auf dem Schweriner See und wurde sogar Mitglied des Ruderclubs Obotrit.

Sportlicher Ehrgeiz wächst langsam

Bedeutsam für die sportliche Weiterentwicklung des Schweriner Ruderwesens war die Etablierung einer eigenen Ruderregatta. Am 8. März 1883 gründeten die vier Rudervereine, Schwerin, Vorwärts, Neptun und Obotrit den Segel- und Ruder-Verein zu Schwerin zur Organisation und Durchführung von Regatten – der vierte Verein dieser Art in Deutschland. Bereits im September desselben Jahres wurde unter großer Beteiligung der Bevölkerung die erste Regatta auf dem Schweriner See ausgetragen. Ein Jahr später nahmen erstmals auch Hamburger Ruderer teil. Später folgten auch Clubs aus Kiel, Berlin und Lübeck und aus den mecklenburgischen Städten.

Am Ende des 19. Jahrhunderts existierte in Schwerin zudem ein Offiziers-Ruderclub, der auch Wettkampfrudern auf Ruderregatten betrieb. Er rekrutierte sich aus Mitgliedern des Großherzoglichen Grenadier-Regiments Nr. 89. Der Offiziers-Ruderclub besaß eigene Gig-Boote, die er gelegentlich auch einmal zu einer internen Regatta auslieh. Über eine Mitgliedschaft im Segel- und Ruder-Verein, in dem alle anderen Rudervereine Schwerins Mitglied waren, ist nichts bekannt. Der Offiziers-Ruderclub wurde nach dem Ende des Kaiserreichs und der Beendigung des Ersten Weltkriegs 1919 aufgelöst. Er übergab seine Boote dem RV Vorwärts.

„Daß kein Sport gesünder ist und günstiger auf die harmonische Entwicklung des Körpers wirkt als der Rudersport, wird wohl kaum jemand bestreiten. Die Ruderbewegung, die alle Körpermuskeln in gleicher Weise ausbildet, kann vielleicht durch das Turnen gleichwertig ersetzt werden. Während dieses aber zumeist in geschlossenen Räumen oder doch auf mehr oder weniger staubigen Plätzen ausgeübt wird, führt der Rudersport den Menschen in die frische, staubfreie Wasserluft. Daß er ihn aber auch in landschaftlich schöne Gegenden führt und so einem für Naturschönheiten empfänglichen Sinn reiche Anregung bietet, mag noch nebenbei erwähnt werden.“

Wilhelm Neese: Der Rudersport in Schwerin, in: Mecklenburgische Zeitung, Sonntagsbeilage, Nr. 17, 04.05.1919.

Training auch im Herbst und Winter möglich

Den erwachten sportlichen Ehrgeiz zeigte auch die Anlage eines Ruderkastens in der „Hovemannschen Badeanstalt“ in der Klosterstraße im Jahr 1891. Hier konnten alle Schweriner Rudervereine nun auch in den Winter- und Herbstmonaten trainieren. Die Anlage bestand bis zum Jahr 1924. Gemeinsam errichteten der Ruderclub Obotrit und die noch junge Schweriner Rudergesellschaft ein Jahr später im Hotel „Nordischer Hof“ – heute ist dort das Finanzministerium untergebracht – ein Ruderbassin. Der Zusammenschluss des Rudervereins Schwerin und des Ruderverein Vorwärts am 20. Januar 1921 im Großen Saal des Nordischen Hofes rückwirkend zum 1. Januar 1921 zeigte schnell die Vorteile der gemeinsamen Anstrengungen. 1921 wurde auch eine Schülerabteilung eingerichtet, die bis 1924 auf 30 Schüler aufwuchs und gute Erfolge auf Regatten erzielen konnte.

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